Status : Invited Competition, 2018
Client : Stadt Leipzig
Location : Leipzig, Germany
Program : Residential & Public
Site : 8.4 ha
Team : Anika Hofschen
Collaborator : Prof. Stefan Tischer
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ORT
Das ehemalige Industrieareal mit anschließendem Pachtgarten, befindet sich an der Ecke Kolmstr./Holzhäuser Str. im Leipziger Stadtteil Stötteritz. Durch die eigenständige Entwicklung des Ortes, der erst 1910 von der naheliegenden Großstadt Leipzig eingemeindet wurde, wurde Stötteritz schon immer durch sehr diverse Wohn-, Gewerbe- und Gebäudearten gekennzeichnet. So ist es durchaus denkbar das Gebiet, mit etwas moderner Urbanität, noch attraktiver wirken zu lassen und der schnell wachsenden Bevölkerung von Leipzig ein neues, identitätsstiftendes Quartier zu bieten, wobei eine hohe Aufenthaltsqualität in den Freiräumen dabei genauso wichtig ist wie die Möglichkeit, urbane Flächen und Grün zu vereinigen.
LEITGEDANKE UND ZIEL
Die Voraussetzung für eine hohe Wohn- und Lebensqualität wird durch folgende Aspekte gesichert; ein generations-übergreifendes, grünbezogenes, lebendiges Quartier, dass Gemeinschaft, Kommunikation und Identität fördert.
Ziel ist es, ein neues integriertes Stadtquartier zu schaffen, welches sich sowohl in die umliegende Umgebung angemessen einfügt und auf die angrenzenden kleinteiligen Wohnhäuser als auch die größeren Industriebauten sensibel reagiert, als auch die Funktion einer neuen Mitte aufnimmt, die sowohl von Quartiersbewohnern als auch den Umliegenden genutzt werden kann. Es soll einen Übergangspunkt zwischen Urban und Grün bilden. Angelehnt an die trapezartige Form des Grundstücks, bilden unterschiedliche polygonale Volumina in Anschluss mit dem Bestand unterschiedliche Blöcke. Diese ziehen Inspiration von den in Leipzig typischen Hofbebauungen. So entstehen durch ihre verspringende Anordnung und Form im Inneren der Blöcke geschützte Bereiche im Außenraum.
Es entstehen auch klare bauliche Kanten, die öffentliche Räume definieren. Stadträume, Raumkanten und Blickachsen lenken von allen Zugängen zum zentralen Quartiersplatz. Dieser spannende und doch klare Rahmen schafft die Möglichkeit funktionaler Vielfalt in einem Viertel und eine einzigartige Identität für Bewohner. So wird ein zuvor verwahrloster Bereich zu einem neuen, bunten Zentrum für Stötteritz.
STÄDTEBAU
Durch diverse Gebäudetypologien und Knicke, Abstaffelung der Geschosshöhe in Anpassung an den Bestand, Hochpunkte und Blickbezüge zum Grün des Zaubergartens werden unterschiedliche räumliche Situationen geschaffen und ein spannungsvolles Gefüge erreicht. Durch die Integration verschiedener Wohnarten, gewerblicher Nutzung und öffentlicher Bauten kann eine vielfältige Bewohnerstruktur in überschaubarer Nachbarschaft gewährleistet werden.
Die in der Auslobung definierten Teilbereiche A,B und C werden hier neu eingeteilt. Teil A wird zu Baufeldern 1,2 und 3. Die Teile B und C werden zu Baufeld 4. Diese bilden auch die Bauabschnitte die später in Phasen realisiert werden können.
Baufeld 1 erweitert die historische Häuserreihe an der Kolmstr. im Südwesten und grenzt an den Quartierplatz im Nordosten. Es beinhaltet Bauten für freifinanziertes Wohnen und Baugruppenwohnen, ein Seniorenhaus am Eck der Kolmstr./Kommandant-Prendel-Alle, und die Option kleiner Gewerbe im Erdgeschoss am Platz. So werden die Bestandsbauten an der Kolmstr. als Puffer ideal genutzt. Die Häuser im Zentrum des Baufelds haben drei bis vier Geschosse, die Bauten am Platz habe vier bis fünf. Das Seniorenhaus bildet einen raumaktivierenden Hochpunkt am Eingang des Quartiers mit sechs Geschossen. Alle Dachterrassen sind der Sonne zu, nach Westen ausgerichtet.
Baufeld 2, ein L-förmiges Volumen, vereint die im Norden liegenden Gewerbe mit den Bestandsbauten an der Ecke Kolmstr./Holzhäuser Str. zu einem Block mit eigenem Hof. Der Riegel führt die Kanten des Bestands auf beiden Achsen weiter und sorgt so für einen natürlichen Anschluss. Dieser durchschnittlich fünfgeschössige staffelt sich in der Höhe, um den Bestand zu berücksichtigen. Er beinhaltet Mietwohnungen, Studenten- und soziales Wohnen und im Erdgeschoss, zur Straße orientiert, Räumlichkeiten für Gewerbe.
Mit dem U-förmigen, polygonalen Volumen im Nordosten, auf dem Baufeld 3, entsteht ein Schutz zur bestehenden Industrie. Auch hier reagiert die Staffelung der Gebäudehöhe mit durchschnittlich fünf Geschossen auf den Bestand. So ergibt sich auch hier eine Art Hofplatz zwischen Neu und Alt. Die Kubatur der Gebäude sorgt nicht nur für interessante Innenräume, sondern prägt auch den Außenraum maßgeblich. Der Knick in der Fassade verursacht räumliche Spannung auf dem großen Platz. So entsteht eine besondere Freifläche, die als Quartiersmitte und Treffpunk dient. Dieser Bau beinhaltet ebenfalls Miet-, Studenten-, und soziales Wohnen und im Erdgeschoss gewerbliche Nutzungen, die sich dem Platz öffnen.
Im Baufeld 4 erstreckt sich eine Reihe öffentlicher Bauten, mit einer durchgängigen Höhe von 12 Meter, von Südwest nach Nordost. Parallel zu den Gebäudekanten von Baufeld 1 orientiert, stehen hier die Schwimmhallenerweiterung mit Parkflächen im Erdgeschoß und die Sporthalle versetzt von der Bestandshalle, und bilden so einen gemeinsam nutzbaren, campusartigen Vorplatz. Die Reihe fortführend gliedert sich das Schulhaus mit Kita an. Mit einer durchgängigen Fläche im Erdgeschoss und darauf drei versetzte Volumina, schafft es spannende Blickbeziehungen in unterschiedliche Richtungen; einerseits zum Quartiersplatz hin, andererseits zum Grün des Zaubergartens. Das zweigeschossige Clubhaus des Columbus Ev. verbirgt sich geschützt unter dem dichten Baumbestand im Südosten des Gebiets.
FREIRAUM
Der besondere, urbane und doch grüne Charakter des neuen Quartiers wird durch eine lockere Großbaumbepflanzung unterstrichen und geprägt. Diese integriert, wo möglich und vorhanden, den Baumbestand und zeichnet sich durch eine gelöste, landschaftliche Raumstruktur aus, die nicht zwischen Straßenraum und Hofraum unterscheidet, formale und lineare Vegetationsanordnungen vermeidet und so die heterogenen Elemente der Umgebung mit dem neuen Quartier vereint. Nach der Logik eines Parks entstehen offenere Bereiche (z.B. Quartiersplätze, Lichtungen im Zaubergarten, Sportfelder) und dichtere, hainartige Bereiche, unter denen verschiedene Nutzungen stattfinden können. Öffentlicher und privater Freiraum bilden so, trotz der klaren räumlichen Trennung, eine Einheit, die das Ambiente prägt.
ERSCHLIESSUNG
Zur Erschließung des Gebiets werden bestehende Straßen als Stichstraßen erweitert. Zum einen die Kommandant-Prendel-Alle im Südwesten und zum anderen die Schlesierstraße im Westen. Fuß- und Fahrradwege werden außerdem geplant, um eine Erschließung von Nordosten nach Südwesten zu gewährleisten. So wird auch eine Verbindung zu der Bushaltestelle an der Holzhäuser Str. geschaffen. Außerdem wird ein Fußweg in eben dieser Achse durch die im Süden liegenden Grünflächen geschaffen. So entsteht ein nun öffentlich zugänglicher Weg der nicht nur den Bewohnern, sondern auch den umliegenden Spaziergängern zu Gute kommt.
Die Hauseingänge orientieren sich den Außenräumen zu und im Baufeld A-a befinden sich die Eingänge im Süden, um eine klare Adressbildung zu gewährleisten. Jedes Baufeld verfügt über eine eigene Tiefgarage. Die Erschließung dieser erfolgt von den Stichstraßen. Die überdachten Parkplätze auf Straßenebene, über die die Schwimmhalle geplant wird, können Tags von Schwimmern und der Schule genutzt werden, nachts aber von Bewohnern des Quartiers verwendet werden, wodurch die Menge der nötigen Tiefgaragenparkflächen verringert werden kann. Durch das Anheben der Schwimmhalle mit, in Berücksichtigung der Abstandsflächen, geplanten Parkflächen, wird auch das Problem der Überbauung der Trinkwassertrasse gelößt. So kann insgesamt ein möglichst verkehrsfreier Quartiersplatz gesichert werden.
NACHHALTIGKEIT
Nichtbelastete Abrißfragmente der bestehenden Betonbelagsflächen und anderer Strukturen werden zu einem topographischen Element im südlichen Bereich des Planungsgebiets wiederverwendet und stellen so eine landschaftliche Gliederung zwischen den Außenflächen der Schule und der Schwimmhalle, dem Bolzplatz und dem südlich gelegenen Zaubergarten dar. Durchschnittlich 80cm hoch, ist dieses Element im Bolzplatzbereich zum Lärmschutz erhöht, integriert Sitzstufen und weitere Freizeitnutzungen und hat durch Teilbegrünung einen hohen Wert als neues Biotop.
Das in den Platzflächen anfallende Regenwasser wird in einem 60cm tiefen Graben gesammelt und versickert. Trotz seiner klaren, architektonischen Ausprägung hat dieser Graben einen naturnahen, wechselfeuchten Charakter mit z.B. Weiden und Schilf. Dieser ist nach Osten mit einer Recyclingbetonbruchmauer, nach Westen mit großzügigen Sitzstufen ausgeprägt.
Auf das Gebäude anfallende Regenwasser wird in Gründächern direkt zurückgehalten und per Überlauf in das Grundwasser infiltriert.
Anfallendes Regenwasser auf dem Dach der neuen Schwimmhalle wird gesammelt und für die Bewässerung der Fassadenbegrünung der Halle verwendet.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen, im Baufeld A einige der kleineren Kubaturen in Holzbauweise umzusetzen. So würde auch eine viefältige Raumatmosphäre entstehen.